Die Lage
Die Ausbreitung des Corona-Virus ist sehr ernst und eine gesundheitliche Gefahr für tausende Menschen. Dabei zählt jeder Mensch gleich, egal ob Kind, Jugendliche*r oder Greis. Es ist gerade jetzt erforderlich, die Neuinfektionen in der Bevölkerung zu verringern und Kapazitäten zur Versorgung der Erkrankten auszubauen.Der Anstieg der Infizierten ist, insbesondere wenn man die Unsicherheit bezüglich der „Dunkelziffer“ einrechnet in den letzten Tagen in Deutschland erheblich. Ginge es so weiter, käme unser Gesundheitssystem schnell an eine Grenze, bei der nicht mehr alle Erkrankten versorgt werden könnten. Dies gilt es mit einer gesamtgesellschaftlichen Kraftanstrengung zu vermeiden.Um die vorbeugenden Maßnahmen zu installieren, wurden in den vergangenen Tagen auf Basis des Infektionsschutzgesetzes (§ 16 Abs. 1 S. 1, § 28) Einschränkungen für die Gesamtbevölkerung erlassen, die ihresgleichen suchen: Einzelhandel und Gastronomie sind teilweise komplett geschlossen, alle Versammlungen – selbst Demonstrationen – sind verboten etc. Zum jetzigen Zeitpunkt, Mitte März, erscheinen diese Regelungen auch notwendig, um die Ziele gerade in der Anfangsphase zu erreichen.Auch wenn manche Menschen die Regeln ignorieren, so befolgen sie auch sehr viele. Diese Haltung und das dahinterstehende zivilgesellschaftliche Bekenntnis sind gute Zeichen für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Es reiht sich ein in die besonderen Anstrengungen vieler Berufsgruppen, im Gesundheitswesen, bei der Pflege und in der Versorgung und der Sicherstellung der öffentlichen Ordnung. Für das, was diese Menschen gerade leisten, kann man nur „danke“ sagen. In Zukunft wird die Gesellschaft diese Gruppen auch mehr zu würdigen haben!Aber an dieser Stelle muss man auch einmal eine Lanze brechen für Jugendliche. Natürlich sind „Corona-Partys“ schlecht und zurecht untersagt. Denn dieses Verhalten ist leichtsinnig und unsolidarisch. Dass dies aber auf Jugendliche beschränkt wäre, kann man auch nicht sagen, sieht man sich das Verhalten mancher hamsterpanischer Vorstadtbewohner in Supermärkten und durchaus mancher „Best Ager“ im Park an. Manche in der Gesellschaft befolgen die Regeln ganz, manche größtenteils, andere scheren sich nicht viel drum. Das mag man bedauern. Pauschale Kritik an Bevölkerungsgruppen wie ein aktuelles Jugend-Bashing sollte man daraus nicht ableiten, das spielt gesellschaftliche Gruppen nur gegeneinander aus.Die obrigkeitsstaatliche Attitüde aus Teilen der Regierungen von Bund und Land, man werde sich jetzt einmal ansehen, wie sich „die“ (?) Bevölkerung am Samstag verhält und wenn die Menschen nicht hören, dann werde man halt mit Ausgangssperren noch eines draufsetzen, ist bei allem Verständnis auch besorgniserregend. Wenn in sozialen Netzwerken und Teilen der Medien Bilder von Menschen gezeigt werden, die zu zweit mit 5 Meter Abstand zu anderen auf einem Hügel sitzen und picknicken, und dies garniert mit dem Vorwurf, die Leute hätten es irgendwie nicht begriffen, dann ist das absolut unangemessen. Denn wie hoch mag hier das Infektionsrisiko sein?Sascha Lobo hat in einem sehr guten Beitrag die soziale Dimension der aktuellen Maßnahmen beschreiben. Natürlich fällt es dem Beschäftigten im öffentlichen Dienst mit garantierter Gehaltfortzahlung deutlich leichter für eine Schließung von Restaurants zu plädieren als dem Gastronom, der um seine Existenz bangt. Natürlich ist die Ausgangssperre für den EFH-Bewohner mit eigenem Garten eine geringere Einschränkung als für die vierköpfige Familie in einer Dreizimmerwohnung in der Stadt.
Was wir Menschen tun können sollen
Zur Kategorisierung, was wir Menschen so alles tun, eignen sich die sogenannten „Daseinsgrundfunktionen“ – hier nach der Münchener Schule der Sozialgeographie (zitiert nach HEINEBERG: Einführung in die Anthropogeographie/Humangeographie, S. 27). Dazu gleich exemplarisch Verweise auf Grundrechte aus unserem Grundgesetz:1. Sich fortpflanzen und in (privaten oder politischen) Gemeinschaften leben (Art. 2 GG Allgemeine Handlungsfreiheit / Art. 4 Abs. 2 GG: Freiheit der Religionsausübung / Art. 6 GG Schutz von Ehe und Familie / Art. 8 GG Versammlungsfreiheit / Art. 9 Vereinigungsfreiheit)2. Wohnen (gibt es im GG nicht, aber das steht hier ja auch gerade wirklich nicht zur Debatte…)3. Arbeiten (Art. 11 GG Freizügigkeit / Art. 12 GG Berufsfreiheit)4. Sich versorgen und konsumieren (Art. 2 GG Allgemeine Handlungsfreiheit)5. Sich bilden (leider gibt es im GG kein Grundrecht auf Bildung, allerdings hier hilfsweise Art. 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte)6. Sich erholen (Art. 2 GG Allgemeine Handlungsfreiheit)7. Verkehrsteilnahme / Kommunikation (Art. 2 GG Allgemeine Handlungsfreiheit)Diese Daseinsgrundfunktionen hängen in einer sozialen und arbeitsteiligen Gesellschaft zusammen. Das Recht auf Bildung für das Kind ermöglicht es durch die Betreuung den Eltern, ihr Recht auf Arbeit wahrzunehmen. Bildung selbst ist Arbeit für Lehrer*innen und Erzieher*innen. Wer sich versorgt, sichert Arbeit für andere, die damit ihre Wohnung bezahlen usw.Der Mensch „lebt“ also nicht nur im biologischen Sinne. Wenn man nun immer wieder im Zusammenhang mit Ausgangssperren liest, Menschen dürften dann ihre Wohnung nur noch mit einem „triftigen Grund“ verlassen, so stellt sich die Frage, wann dieser denn nicht vorliegt.In diese Daseinsgrundfunktionen wird durch die staatlichen Maßnahmen erheblich eingegriffen.Dabei soll nicht das Recht auf Leben und körperliche Unversertheit (Art. 2 Abs. 2 GG) verschwiegen werden, das ja gerade die Rechtfertigung und den Handlungsauftrag an den Staat für Maßnahmen zum Infektionsschutz der Bevölkerung darstellt.
Die Bewertung und Abwägung staatlicher Maßnahmen
Wie alle staatlichen Entscheidungen – auch in Krisenzeiten einer Pandemie – stehen Eingriffe der Regierungen und Behörden unter den allgemeinen rechtsstaatlichen Vorbehalten. Dabei kann man sich, wenn man sich die jeden Tag neuen Verfügungen ansieht schon den Eindruck bekommen, mit einem „Sicherheit geht vor“ werden nun reihenweise Verfügungen erlassen, deren Nutzen und Folgewirkungen man gar nicht bewerten kann. Dies sei hier nicht als Vorwurf gemeint, auch der Staat „fährt auf Sicht“. Wichtig ist aber auch hier, Maßnahmen zu hinterfragen.Bei allen staatlichen Maßnahmen, auch in der Corona-Krise, sind diese juristisch nach der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen. Zwischen den negativen Folgen der Maßnahme und dem Zweck ist immer abzuwägen. Nun ist der Verfasser kein Jurist, bringt aber durchaus etwas Vorwissen mit. Daher verzeihe man die holzschnittartige Betrachtung. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung sieht so aus, auch für Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz:I. Legitimer Zweck und legitimes Mittel: Die Verhütung einer weiteren Ausbreitung des Corona-Virus ist sicher ein legitimer Zweck und die Mittel sind – durch das Infektionsschutzgesetz – wohl auch fast alle legitim.II. Geeignetheit: Ist die Maßnahme geeignet? Hier also: Hilft die Maßnahme, Infektionen zu verringern? Dies dürfte auf die meisten Maßnahmen zutreffen, muss allerdings evaluiert werden.III. Erforderlichkeit: Gibt es eventuell mildere Mittel? Das dürfte schon schwieriger zu beurteilen sein.IV. Angemessenheit: Abwägung der Schwere des Eingriffs mit dem Nutzen des verfolgten Zwecks. Dies ist der schwierigste Teil. Er zeigt aber eines: Es gibt – außer der Menschenwürde – kein Primat eines Schutzgutes, sondern die Abwägung ist immer erforderlich.Dabei kann man davon ausgehen, dass es zwei – miteinander natürlich zusammenhängende – Gradmesser gibt, um die zuletzt zahllosen Eingriffe zu beurteilen: Die Intensität des Eingriffs und die Dauer des Eingriffs. Und diese müssen mit dem Nutzen der Maßnahme abgewogen werden.
Priorität, aber keine Absolutheit des Infektionsschutzes
Der Schutz des Lebens hat – gesetzlich und moralisch – einen unglaublich hohen Wert. Daher ist es so wichtig, die Corona-Pandemie einzudämmen.Der Schutz des Lebens kann aber nicht absolut sein und alle menschlichen Bedürfnisse und Rechte vollends außer Kraft setzen. Denn wenn dem so wäre, dann wäre jede*r Grippe-Tote, ja selbst ein*e einzelne*r Tote*r im Straßenverkehr, ein Grund für die einschneidendsten Maßnahmen: Bewegungsverbote, absolute Kontaktverbote. Würde das Recht auf Leben und körperliche Unversertheit den Versuch bedeuten, jegliches noch so kleines Risiko auszuschalten, würden wir alle zuhause sitzen und dort seelisch verkümmern. Weil wir Menschen leben, arbeiten, uns erholen und genau das uns – unter Inkaufnahme von Risiken – als Menschen ausmacht. Umso länger wir das nicht können, umso mehr entmenschlichen wir uns.Diese Realität anzuerkennen, bedeutet eben genau nicht, einem absoluten Utiliteralismus zu frönen, der in Bezug auf Großbritannien und die Niederlande derzeit diskutiert wird. Wäre man so radikal, dann würde man jetzt tatsächlich die „Durchseuchung“ der Gesellschaft anstreben, die Wirtschaft ginge weiter, und wenn Arme und Schwache sterben, dann würden das die Anhänger dieser Geisteshaltung noch als Stärkung des Gesamtsystems sehen. Das wäre aber mit dem Primat der Menschenwürde und der Solidarität überhaupt nicht vereinbar.Das ist die Herausforderung für unsere Gesellschaft: Einschränkungen, um im Sinne der Solidarität gerade mit Alten und Schwachen Risiken zu minimieren, aber im Sinne der Verhältnismäßigkeit Restrisiken zu akzeptieren, die bedeuten, dass auch nicht wirklich die allerletzte Gefahr ausgeschlossen werden kann. Das ist für eine Gesellschaft mit 82 Millionen Individuen schwierig, aber möglich.
Die Verhältnismäßigkeitsbetrachtung und Corona
Für die Vielzahl von im Zuge der Corona-Krise verordneten einschränkenden Maßnahmen kann an dieser Stelle keine umfassende Betrachtung angestrengt werden. Nur ein paar Aspekte seien hier beispielhaft diskutiert:· Schulschließungen: Die Schließung von Schulen ist sicher derzeit geeignet und erforderlich um Infektionen einzudämmen. Gleichzeitig stellt sie einen Eingriff in das Recht auf Bildung für die Schüler*innen dar. Und ebenso einen Eingriff in das Recht der Eltern auf Berufsausübung, wenn sie sich stattdessen um die Kinder kümmern müssen, obwohl sie eine Betreuung einkalkuliert hatten. Nun dürfte die Beeinträchtigung beider Schutzgüter (Bildung, Berufsausübung) für ein paar Wochen halbwegs zu bewältigen sein: Mit elektronischen Lernmitteln, Home Office, bezahlter Urlaub. Nur: So ein Zustand über Monate wäre auch mit viel Mühe nicht mehr zu bewältigen, es käme zu erheblichen Konsequenzen, die Intensität des Eingriffs steigt stark an. Die Angemessenheit ist fraglich.· Schließung von Gastronomie und Einzelhandel: Die aktuelle Situation ist für Eigentümer und Beschäftigte aus Gastronomie und Handel unglaublich ernst und existenzgefährdend. Nothilfen sind das seine, aber auch diese sind endlich. Kredite sind nett, müssen aber auch zurückgezahlt werden. Schon ein paar Wochen Einnahmeausfälle haben immense Wirkung. Mit jedem Tag nimmt der Eingriff zu. Dass Gastronomen und Händler über Monate schließen, Menschen ihre wirtschaftliche Existenz verlieren, wäre für Hunderttausende Menschen eine massivste Beschränkung. Vor allem wenn man bedenkt, dass Restaurants Möglichkeiten haben, das Infektionsrisiko zu minimieren: Abstände der Tische, Desinfektion, elektronische Zahlung etc. In einem Gastronomiebetrieb, der diese Vorgaben einhält, dürfte das Infektionsrisiko deutlich reduziert sein. Ist da eine dauerhafte Schließung noch angemessen? Gleiches gilt für Einzelhändler. Hinzu kommt, dass Restaurants nicht nur ein nettes Plaisir sind, sondern Menschen eben auch mit Lebensmitteln versorgen. Und irgendwann brauchen Menschen auch in der Quarantäne neue Hosen oder technische Geräte.· Sport: Sportarten mit engem Kontakt, gerade in der Mannschaft wie Fußball, wären zu untersagen. Aber warum ist z.B. Tennisspielen oder Golf verboten, wenn man doch mit ein paar grundlegenden Regeln das Infektionsrisiko praktisch auf Null senken kann? Hier gibt es mildere Mittel. Und wenn Pferdehalter ihre Tiere auf einer Reitsportanlage nicht mehr besuchen und füttern und bewegen können und diese dann darunter leiden und krank werden, wäre auch hier genau hinzusehen, und zwischen sehr geringen Infektionsrisiken und dem Wohl der Tiere abzuwägen. Stattdessen gibt es nun pauschale Verbote und das ist teilweise nicht erforderlich.· Ausgangssperren: Es gibt die Menschen, die leichtfertig und dicht gedrängt irgendwo hocken oder feiern, trotz Corona. Das ist schlecht, es gibt hohe Infektionsrisiken. Es gibt ebenso die Menschen, gerade auch Kinder, die Sport und Bewegung als Ausgleich brauchen und alleine eine Radtour machen. Was die Erforderlichkeit angeht, so gibt es bereits jetzt mildere Mittel: Belebte Hot Spots kann man sperren. Gruppenansammlungen kann man auflösen. Das wären deutlich mildere Mittel als pauschale Ausgangssperren auch für den einzelnen Spaziergänger, der mal alleine oder mit Kindern an die frische Luft will. Eine Ausgangssperre wäre überzogen. Es gibt da auch eine interessante juristische Betrachtung.Also: Umso länger eine Maßnahme andauert, umso eher ist sie auch kritisch zu hinterfragen und zu bewerten. Kann man Infektionsrisiken nicht auch ohne Schließungen, Ausgangssperren usw. in einem vernünftigen Maße reduzieren?
Die Perspektive – die schwierige Abwägung
Derzeit befinden wir uns Tag für Tag mehr im „Lockdown“ mit Schließung von KiTas, Schulen, Geschäften, Gastronomie. Die Maßnahmen sind – in Nordrhein-Westfalen – größtenteils bis zum 19.04.2020 befristet. Hinzu kommt aktuell (20.03.2020, 14:30 Uhr) eine Debatte über weitergehende Maßnahmen wie Ausgangssperren oder „-beschränkungen“.Man kann optimistisch davon ausgehen, dass die bereits ergriffenen Maßnahmen zur Abnahme der Neuinfektionen führen werden. Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass wir Mitte April die Krise und die Risiken überwunden haben werden.Hinge man nun der 100 %igen Sicherheit nach, die es sowieso nicht gibt, müsste man überspitzt gedacht den „Lockdown“ über viele Monate und Jahre ziehen. Die sozialen und ökonomischen Konsequenzen, für die Einzelnen wie für die Gesellschaft, der Eingriff in unser Dasein als Mensch, würde aber mit jedem Tag größer. Es käme zu negativen Folgewirkungen ungeahnter Art, sowohl für die Wirtschaft wie auch für die Gesellschaft.Daher wird man Mitte April, wenn die Befristung vieler Maßnahmen abläuft, abzuwägen haben, zwischen den dann vorhandenen Risiken auf der einen und der Qualität und Quantität der Eingriffe in unser Leben auf der anderen Seite. Und Stand heute (das muss man in diesen Zeiten immer einschränkend dazusagen) wird man spätestens Mitte April an einem Punkt sein müssen, an dem man einige Beschränkungen aufhebt, weil sie sich als nicht geeignet, nicht erforderlich und auch nicht (mehr) angemessen zeigen.Leider ist der derzeitige Trend der Regierungen und Behörden jedoch, immer noch eines draufzusetzen, gleichzeitig aber keine Aussagen über die Zukunft zu treffen. Es fehlt die Perspektive der Entlastung, die Menschen nicht nur deprimiert, sondern auch ein Stück weit die vermeintliche Entschuldigung für den Regelbruch im Hier und Jetzt gibt.
Die Forderungen
Aus diesen Überlegungen heraus wären folgende Eckpunkte für das weitere Vorgehen in Sachen Corona sinnvoll. Sie decken sich auch in Teilen mit den sehr begrüßenswerten Aussagen des Chefs der Bundesärztekammer und von Robert Habeck.
· Alle beschränkenden Maßnahmen sind fortlaufend und transparent auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. Dazu braucht es eine Maßnahmenliste mit Sachständen und Bewertungsergebnissen, abgestimmt zwischen Bund und Ländern. Die Beibehaltung von Maßnahmen oder Modifikation sind transparent öffentlich einmal pro Woche zu begründen.
· Für alle erlassenden beschränkenden Maßnahmen ist – teilweise in Zusammenarbeit mit Interessenverbänden – zu prüfen, ob es mildere Mittel gibt und diese wären dann umzusetzen.
· Neue Maßnahmen müssen konsequenter daraufhin überprüft werden, ob es mildere Mittel gibt. Dabei gilt das Primat, die Kontakthäufigkeit und Infektionsrisiken zu reduzieren. Eine direkte oder indirekte „Erziehung“ der Gesellschaft, zuhause zu bleiben, ist dabei nicht entscheidungsleitend.
· Spätestens ab Mitte April sind die Schutzgüter und Rechte der Menschen, die nun beschränkt werden, in der Abwägung deutlich höher zu gewichten. Daraus müsste folgen, dass Beschränkungen vollständig oder mit Auflagen (z.B. Hygienevorschriften, Zeitrahmen etc.) aufgehoben werden. Dies ist breit gesellschaftlich zu kommunizieren, um der Bevölkerung wie den Unternehmen ein Licht am Ende des Tunnels zu zeigen. Bereits jetzt sind für jeden Sektor Perspektiven zu erarbeiten.
· Sollten in der Abwägung zwischen Infektionsschutz und Grundfunktionen einige Tätigkeiten und Wirtschaftsbereiche weiterhin auch ab April massiven Beschränkungen unterliegen müssen, sind zusätzlich zu den bereits anlaufenden Notprogrammen für Unternehmen und die Bevölkerung spezielle Programme für diese Sektoren aufzulegen.
· Jetzt muss ein Plan entwickelt werden, wie auch in einem sich hoffentlich bald wieder normalisierenden ökonomischen und sozialen Leben der bestmögliche Schutz verwundbarer Bevölkerungsgruppen und die Therapie Erkrankter sichergestellt werden kann: Über Regeln für Kranken- und Pflegeheime, Hilfenetzwerke, Ausbau und Umwidmung von medizinischen Kapazitäten.
Das ist das, was kurz- und mittelfristig erforderlich ist.Nach Abschluss der Krise wird man sich auch über einige andere Sachen endlich noch deutlicher unterhalten müssen, so zum Beispiel die Finanzierung, Struktur und die Reserven unseres Gesundheitswesens einschließlich der Bezahlung der Pflegekräfte.