Das Landesministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr mit unserem GRÜNEN Minister Oliver Krischer hat in einem Erlass zusammengefasst, welche Möglichkeiten es gibt, „Schulstraßen“ einzurichten. Diese sind eine Möglichkeit, wie Städte und Gemeinden die Verkehrssicherheit rund um ihre Schulen verbessern können. Hier wird dieses komplexe Thema mit allen Hintergründen dargestellt.
Was sind Schulstraßen und worum geht es im Erlass?
Rein bundesrechtlich gibt es keine „Schulstraße“, wie es zum Beispiel verkehrsberuhigte Bereiche mit dem entsprechenden Verkehrszeichen gibt. Eine Schulstraße ist ein Begriff für die zeitweise Sperrung einer Straße für Kraftfahrzeug-Verkehr an einer Schule. Auf der Verkehrsingenieurbesprechung NRW am 07.12.2023 wurde das mögliche Vorgehen zur Einrichtung von Schulstraßen zusammengestellt, das Protokoll gilt als Erlass. Es wird keine neue Rechtslage geschaffen, sondern für Behörden klargestellt, welche Optionen es gibt, um Schulstraßen einzurichten.
Warum können Schulstraßen sinnvoll sein?
Millionen Schülerinnen und Schüler in NRW machen sich morgens auf zu ihrer Schule, zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Roller, Bus und Bahn oder sie werden von Eltern mit dem Auto gebracht. Die Sicherheit der Kinder und Jugendlichen im Verkehr ist wichtig, vor allem weil gerade jüngere Kinder noch wenig Erfahrung im Verkehrsgeschehen haben.
Zu den Schulanfangszeiten und den Schulendzeiten ist im Umfeld vieler Schulen einiges los. Oft kommt es zu gefährlichen Situationen. Gerade das „Elterntaxi“ steht dabei manchmal in der Kritik: Zu viele fahrende, ein- und ausparkende Autos rund um die Schule können Kinder, die zu Fuß oder auf dem Fahrrad unterwegs sind, gefährden. Außerdem lernen Kinder im elterlichen Auto nicht, sich selbständig sicher im Straßenraum zu bewegen.
Daher gibt es verschiedene Initiativen und Ansätze für eine nachhaltigere, sichere und selbständigere Mobilität von Schülerinnen und Schülern, so zum Beispiel schulisches Mobilitätsmanagement, mit „Walking Bus“ oder Hol- und Bring-Zonen. Doch das funktioniert nur selten, wenn Eltern weiter die Option haben, mit dem Auto direkt vor die Schule zu fahren. Daher fordern viele Initiativen vor Ort, und zum Beispiel auch Verkehrsverbände, die Einrichtung von Schulstraßen.
Wie sieht eine Schulstraße dann konkret aus?
In der Regel wird eine Schulstraße mit dem Verkehrszeichen 260 beschildert. Nur wenn auch Fahrräder nicht fahren dürfen sollen, würde Verkehrszeichen 250 (Verbot für Fahrzeuge aller Art) verwendet.
Diese Schilder erhalten ein Zusatzschild mit dem Zeitraum der Sperrung, zu Anfang und Ende der Schulzeit hin, zum Beispiel „Mo- Fr 7:30-8:30 h, 12:30-14 h“. Soll in Ferienzeiten die Schulstraße nicht gelten, muss man die Schilder dann einklappen oder verhängen.
Die Bewohner in einer solchen Straße, und eventuell weitere Personen z.B. Pflegedienste oder Menschen, die Kinder mit Behinderung direkt bis zur Schule fahren müssen, erhalten von der Straßenverkehrsbehörde eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 StVO, dass sie auch in den Zeiten der Sperrung die Straße mit einem Kraftfahrzeug befahren dürfen.
Bei einer dauerhaften Einrichtung der Schulstraße, also nicht nur im Versuch, kann man auch mit Sperrmaßnahmen wie Schranken oder versenkbaren Pollern arbeiten. Bewohner oder andere Personen könnten dann dafür einen Schlüssel o.ä. erhalten.
Wo gehen Schulstraßen nicht?
Eine Schulstraße geht nicht auf Bundes-, Landes- und Kreisstraßen, denn diese haben eine überörtliche Funktion und müssen durchgängig befahrbar sein. Auch bei Haupterschließungsstraßen in Wohngebieten dürfte eine Schulstraße ausscheiden, wenn es keine zumutbaren alternativen Verbindungen für Autofahrer gibt.
Wie kann man bei der Einrichtung einer Schulstraße vorgehen?
Zunächst macht es Sinn, alle öffentlichen Stellen (Verkehrsplanung, Tiefbau-Amt, Straßenverkehrsbehörde, Polizei, Schulverwaltung) aber vor allem alle Akteure an der Schule (Lehrer*innen, Elternpflegschaft, Schülervertretung…) einzubinden und ein Konzept aufzustellen. Gemeinsam kann man Lösungen für Verkehrsprobleme im Umfeld einer Schule finden. Dazu kann man die Verkehrsführung analysieren und zum Beispiel Einbahnstraßenregelungen diskutieren, denn manchmal braucht es vielleicht gar keine Schulstraße. Ist eine Schulstraße sinnvoll, sollte sie dabei in ein Konzept eingebettet sein, zu dem alternative Hol- und Bring-Bereiche, und manches mehr, gehört.
Wie geht eine probeweise Umsetzung als Verkehrsversuch?
Will man die Maßnahme Schulstraße testen, bietet sich ein Verkehrsversuch nach § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StVO an, begrenzt auf maximal 1 Jahr. Zuständig für die Anordnung ist die Straßenverkehrsbehörde (die jeweilige Stadt selbst, nur bei kleinen kreisangehörigen Kommunen ist es der Kreis). Zur Anordnung des Versuchs muss die Behörde darlegen, warum eine „einfache“ Gefahrenlage besteht, d.h. warum man die Verkehrsregelung erprobt. Dazu sollte man die Situation im Umfeld der Schule analysieren, zum Beispiel mit Ortsterminen oder Verkehrszählungen, und aktenkundig machen. Eine Unfallhäufung als Begründung ist nicht erforderlich. Es muss ein Ziel formuliert werden, was mit dem Versuch getestet wird, und es müssen Kriterien benannt werden, wann der Versuch als erfolgreich gelten wird. Die Straßenverkehrsbehörde muss die Polizei und den Straßenbaulastträger (die Kommune) vorher beteiligen und ihre Stellungnahmen abwägen, entscheidet dann jedoch selbst über den Versuch.
Wie funktioniert die dauerhafte Einrichtung von Schulstraßen?
Dauerhaft geht die Einrichtung einer Schulstraße nur mit den Mitteln des Straßenrechts.
Die Straßenverkehrsordnung kennen fast alle, das Straßenrecht kennt so gut wie niemand, dabei ist es wichtig. Jede öffentliche Straße in Deutschland hat eine „Widmung“. Damit wird rechtlich festgelegt, welchem Zweck eine Straße dient und wer sie befahren darf. Normalerweise sind öffentliche Straßen für den allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr „gewidmet“, was heißt: Jeder mit einem Auto darf darauf fahren. Bekannte Ausnahmen sind Fußgängerzonen. Diese sind als solche „gewidmet“. Das heißt ganz unabhängig von Gefahrenlagen usw. ist bei einer Fußgängerzone einfach in der Widmung klargestellt: Diese Straße ist nicht für Autos.
Das gleiche passiert juristisch mit einer Schulstraße. Soll sie dauerhaft eingerichtet werden, muss man die Widmung ändern und festlegen: Die Straße dient dem Kraftfahrzeugverkehr, außer zu bestimmten Zeiten, da ist sie nur für Bewohner und nicht-motorisierten Verkehr. Rechtlich läuft das über eine sogenannte „Teileinziehung“ nach § 7 StrWG NRW. Zuständig dafür ist der Straßenbaulastträger, also die Stadt oder Gemeinde. Die Teileinziehung ist drei Monate vorab bekannt zu machen. Ist die Teileinziehung erfolgt, ordnet die Straßenverkehrsbehörde die entsprechenden Verkehrszeichen ohne weitere Prüfung an.
Hinweis: Die obigen Ausführungen basieren auf dem Erlass, es wird jedoch seitens des Autors keine rechtliche Gewähr übernommen.