Am 10. Januar 2024 hat das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes per Erlass die Markierung von Fahrradschutzstreifen außerhalb von geschlossenen Ortschaften in Nordrhein-Westfalen ermöglicht. Gemäß Bundesvorschrift wären diese nur innerorts erlaubt. Schutzstreifen sind mit einer gestrichelten Linie und Fahrrad-Piktogrammen versehen.
Warum dürfen in NRW nun Schutzstreifen auch außerorts markiert werden?
Mit dieser Regelung wird nun eine Möglichkeit geschaffen, um Verkehrsraum zumindest für einen Teil der Radfahrenden sicherer zu machen. Dem Kraftverkehr wird der Fahrradverkehr in das Gedächtnis gerufen und klar signalisiert: Hier können Radfahrende fahren und sie dürfen es auch.
Gleichzeitig wird mit Schutzstreifen außerorts kein dauerhafter Ersatz für notwendige baulich getrennte Radwegeinfrastruktur geschaffen, das sagt der Erlass auch klar. Denn bei Dunkelheit, aber im Besonderen für Kinder, Ungeübte und unsichere Radfahrende ist ein Schutzstreifen außerorts keine oder nur eine marginale Verbesserung. Dass Schutzstreifen außerorts ein weniger an Sicherheit für Radverkehr bedeuten, wie es teilweise behauptet wird, teile ich jedoch ausdrücklich nicht. Auch die Ergebnisse verschiedener Modellversuche sprechen nicht dafür.
Somit ermöglicht der Erlass nun, markierte Radrouten über Passagen der Straßeninfrastruktur zu führen, bei welchen eine separate Führung des Radverkehrs kurz oder mittelfristig nicht hergestellt werden kann. Die Gründe dafür können vielfältig sein: Grundbesitzer*innen die nicht zum Verkauf bereit sind, ungeeignetes Gelände z.B. in Hanglagen oder an Gewässern, begrenzte finanzielle und personelle Ausstattung oder Proteste und Klagen von Anwohnenden und Verbänden. Oftmals kommen mehrere Gründe zusammen.
So richtig die Möglichkeit zur Einrichtung von Schutzstreifen außerorts als interimsweise Verbesserung ist, so wichtig ist es, dass sich umsetzende und verantwortliche Stellen auf sichere und baulich getrennte Radinfrastruktur fokussieren. Um dies zu erreichen setze ich mich für viele kleine und große Veränderungen ein; vor allem aber für eine gute finanzielle und personelle Ausstattung der verantwortlichen Stellen.
Was sind die Vorgaben des Erlasses für Schutzstreifen außerorts?
Damit die zuständige Straßenverkehrsbehörde eine solche Markierung anordnen darf müssen gemäß Erlass folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Kein befestigter Seitenstreifen
- Keine alternativen Wege oder Verkehrsflächen, die zur Nutzung durch den Radverkehr freigegeben werden können vorhanden
- Höchstgeschwindigkeit maximal 70 km/h (kann auch im Zuge der Anlage eines Schutzstreifens abgesenkt werden)
- In Bereichen von Kuppen und (engen) Kurven bedarf die Einrichtung einer besonderen Prüfung.
- 2m Abstand bei Überholmanövern müssen durch die Fahrbahnbreite gewährleistet sein.
- Die Verkehrsdichte muss regelmäßige Überholmanöver zulassen: Höchstens 4.000 Kfz am Tag (in beide Richtungen), bis 5.000 braucht es eine gesonderte Begründung als Ausnahmefall
- Keine Längsmarkierung in der Fahrbahnmitte.
Bei der Ausführung müssen folgende Punkte beachtet werden:
- Die Breite eines Schutzstreifens beträgt 1,50 m.
- Rechts des Schutzstreifens muss die Begrenzung der Fahrbahn (0,12 m) markiert sein.
- Zwischen den Schutzstreifen muss eine Restbreite der Fahrbahn von 3,70 m gegeben sein.
- Es können somit ab einer Fahrbahnbreite von 6,94m beidseitig Schutzstreifen markiert werden.
- Einseitige Schutzstreifen sind zu vermeiden, im Ausnahmefall aber möglich.
- Auf der Fahrbahn müssen in einem Abstand von 50-100 m Fahrradpiktogramme markiert werden.
Wie kann eine Anordnung erfolgen?
Schutzstreifen sind offizielle Verkehrszeichen, um genau zu sein: Eine Leitlinie als Verkehrszeichen 340 gemäß der Anlage 3 zur StVO.
Da es sich um ein Verkehrszeichen handelt, kann die zuständige Straßenverkehrsbehörde dies anordnen, auch außerorts. Die zuständige Straßenverkehrsbehörde sind die örtlichen kreisfreien Städte oder die kreisangehörigen Städte. Bei den kreisangehörigen Gemeinden ist es der Kreis.
Soll ein Verkehrszeichen, wie zum Beispiel ein Schutzstreifen, angeordnet werden, muss die Straßenverkehrsbehörde vorher den Straßenbaulastträger (also den „Eigentümer“ der Straße , das sind entweder Land, Kreis oder die Gemeinde) und die Polizei anhören, s. VwV StVO zu § 45 StVO, Rn. 1. In der Anhörung ist die Rückmeldung von Polizei und Straßenbaulastträger zu würdigen und abzuwägen, aber man muss ihnen nicht zwingend folgen.
Für Schutzstreifen gilt nicht der Grundsatz, dass es einer qualifizierten Gefahrenlage, zum Beispiel durch bereits erfolgte Unfälle, bedarf, um sie anordnen zu können, s. § 45 Abs. 9 S. 4 Nr. StVO.
Hier der Erlass zum download.