Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.06.2023 zur Gebührensatzung für Bewohnerparken in Freiburg sorgt für Aufsehen und einige Fragen. Hier einige Hintergrundinfos, worum es geht und wie das Urteil zu bewerten ist.
Was ist Bewohnerparken?
Bewohnerparken ist die Möglichkeit, dass Bewohner*innen von abgegrenzten Gebieten für dieses Gebiet besondere Berechtigungen erhalten: Sie können in diesem Gebiet, in dem sie wohnen, auf eigenen Parkplätzen nur für Bewohner*innen parken oder sie werden von ansonsten geltenden Parkgebühren befreit. Die Zonen sind relativ klein geschnitten.
Unter welchen Umständen und mit welchen Bedingungen Kommunen Bewohner-Parken einführen können, ist in den Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrsordnung (siehe Zu § 45 Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, Randnummer 29) geregelt. Zentrale Vorschrift ist, dass es sich um Gebiete mit Parkraummangel handeln muss.
Um die Berechtigung nachzuweisen, erhalten Bewohner*innen bei ihrer Stadt oder Gemeinde einen Bewohner-Parkausweis.
Der Bewohner-Parkausweis hat also zunächst nichts mit den allgemeinen Parkgebühren einer Kommune für normales Parken am Straßenrand oder in Parkhäusern/Tiefgaragen zu tun!
Festlegung der Gebühren für Bewohner-Parkausweise
Die Gebühr für diesen Bewohner-Parkausweis ist vom Bund auf 10,20 – 30,70 Euro pro Jahr festgelegt (s. Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt), Anlage, Randnummer 265).
Diese Festlegung des Bundes war bundeseinheitlich und verbindlich.
Jedoch wurde in 2020 (unter der schwarz-roten Bundesregierung) eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes beschlossen und ein neuer § 6a Abs. 5a StVG eingefügt. Dieser lautet:
„Für das Ausstellen von Parkausweisen für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel können die nach Landesrecht zuständigen Behörden Gebühren erheben. Für die Festsetzung der Gebühren werden die Landesregierungen ermächtigt, Gebührenordnungen zu erlassen. In den Gebührenordnungen können auch die Bedeutung der Parkmöglichkeiten, deren wirtschaftlicher Wert oder der sonstige Nutzen der Parkmöglichkeiten für die Bewohner angemessen berücksichtigt werden. In den Gebührenordnungen kann auch ein Höchstsatz festgelegt werden. Die Ermächtigung kann durch Rechtsverordnung weiter übertragen werden.“
Hintergrund war und ist, dass die bundeseinheitliche Gebühr von maximal 30,70 Euro für die Kommunen viel zu niedrig erschien. Immer mehr Städte und Gemeinden wollen mit effektivem Parkraummanagement für lebenswertere Städte und Ortsteile sorgen.
Da die (damals schwarz-gelbe) Landesregierung NRW verständlicherweise keine landeseinheitliche Gebührenregelung erlassen wollte, hat sie die Ermächtigung – wie viele Flächenländer – an die Städte und Gemeinden übertragen und eine Verordnung dazu geändert. Dort heißt es nun in § 4:
„Zuständige Behörde für das Ausstellen von Parkausweisen für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel nach § 6a Absatz 5a Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes sind die örtlichen Ordnungsbehörden. Die Ermächtigung zum Erlass von Gebührenordnungen nach § 6a Absatz 5a Satz 2 und 5, Absatz 6 Satz 2 und 4 sowie Absatz 7 des Straßenverkehrsgesetzes wird auf die örtlichen Ordnungsbehörden übertragen.“
Damit haben die Städte und Gemeinden in NRW seit dem 01.02.2022 die Möglichkeit, selbständig die Gebührenhöhe für Bewohnerpark-Ausweise festzulegen. Sie sind dabei jedoch an die Vorgaben des Straßenverkehrsgesetzes des Bundes gebunden.
Einige Städte haben sich auf den Weg gemacht und eigene Gebührenordnungen festgelegt, die deutlich höhere Höchstsätze als bisher vorsehen. Diskutiert wurde und wird dabei über Aspekte wie Ermäßigungen für Menschen mit geringem Einkommen oder Staffelungen nach Fahrzeuggröße und unterschiedliche Gebühren je nach Lage der Zone (z.B. Innenstadt oder Stadtrand). In einigen Städten wurden auch schon entsprechende Gebührenordnungen beschlossen.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.06.2023
Wie in NRW gehen bundesweit viele Kommunen den Weg eigenständiger Gebührenordnungen. So hat die Stadt Freiburg als eine der ersten Kommunen eine eigene Gebührensatzung beschlossen. Gegen diese wurde jedoch geklagt. Und über diese Klage hat das Bundesverwaltungsgericht am 13.06.2023 entschieden und die Gebührensatzung von Freiburg für rechtswidrig erklärt.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgericht ist noch nicht verfügbar. Aber aus der Pressemitteilung gehen folgende wesentlichen Infos hervor:
- Das Gericht bemängelt die landesrechtliche Regelung in Baden-Württemberg, die vorschreibt, die Kommunen müssten ihre Gebührenregelungen als „Satzung“ festschreiben. Das Gericht sieht für eine „Satzung“ keine Grundlage im Straßenverkehrsgesetz, nur für eine „Gebührenordnung“. In NRW gibt es diese landesrechtliche Problematik nicht, siehe oben. Je nachdem müssen Städte und Gemeinden nun aber darauf achten, keine „Satzung“ zu beschließen.
- Es gibt in der Satzung der Stadt Freiburg nach Auffassung des Gerichts große Sprünge bei den Gebührensätzen, abhängig von der Fahrzeuglänge. Dies sei in dieser Form nicht gerechtfertigt und verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot.
- Für die in Freiburg vorgesehenen Ermäßigungen und Erlass der Gebühren aus sozialen Gründen gebe es im Straßenverkehrsgesetz des Bundes keine Rechtsgrundlage und dies sei daher unzulässig. Das heißt wohl: Soziale Staffelungen sind für Bewohner-Parkausweise grundsätzlich nicht möglich. Übrigens: Dies war auch schon als Einschätzung der NRW-Landesregierung in 2022 kommuniziert worden.
- Die „Regelgebühr“ von 360 Euro in Freiburg ist laut Gericht jedoch „angesichts des erheblichen Wertes eines wohnungsnahen Parkplatzes“ nicht zu beanstanden.
Fazit
Die in vielen Kommunen diskutierten höheren Gebühren für Bewohner-Parkausweise sind zulässig, jedenfalls mindestens bis 360 Euro, wenn es gut begründet ist. Jedoch scheinen soziale Ermäßigungen grundsätzlich ausgeschlossen. Die Gebühren gelten einheitlich für alle. Das könnte politisch je nach Lage vor Ort Auswirkungen auf die Diskussion über die Höhe der allgemeinen Gebühren haben. Ebenso muss man bei Staffelungen nach Fahrzeuglänge eher zurückhaltend sein, die Gebührensprünge dürfen nicht unangemessen sein. Zudem ist zu prüfen, in welcher Form (Satzung oder Gebührenordnung) die Regelungen beschlossen werden sollen.
Aus dem genauen Urteilstext werden sich vielleicht noch detailliertere oder weitere zu berücksichtigende Punkte ergeben.
Es ist aus verkehrspolitischer Sicht sinnvoll, wenn sich Städte und Gemeinden im Rahmen von Parkraumkonzepten mit der Möglichkeit höherer Bewohner-Parkgebühren beschäftigen. Dies kann ein wertvoller Beitrag sein zu lebenswerteren Siedlungen wie auch zu Förderung umweltfreundlicher Mobilität. Bei der Festlegung der Gebührenordnung sollten die genannten Aspekte sorgfältig berücksichtigt und die Entscheidungsfindung im Prozess auch dokumentiert werden.
Eine hervorragende Grundlage für die Gebührenfestlegung vor Ort bietet weiterhin das Hinweispapier des Zukunftsnetz Mobilität NRW vom März 2022.